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Oktober 2010 Syrien

Willkommen in Syrien!

Alex, Maik, Ronny

Wie kann man eine Reise beschreiben, in der man von einer Minute auf die andere den Glauben an den Zufall, die Vernunft und manchmal sogar an sich selbst verliert, um sich kurz darauf bei völlig fremden Menschen sitzend am Tisch wieder zu finden und mit ihnen vergnügt und ausgelassen feiert?! Ich denke diese Frage lasse ich an dieser Stelle unbeantwortet und versuche eher, die wohl erlebnisreichsten Wochen dieses Jahres, in Worte zu fassen:

Fraglich ist schon, ob ich nicht lieber hätte auf den Zollbeamten hören sollen, als er mich nicht ausreisen lassen wollte. Dem Tatendrang meiner Freunde Alex und Maik geschuldet, denen meine werte Anwesenheit, die andere hingegen doch sehr zu schätzen wissen, schon am Flughafen über den Kopf wuchs. Jedenfalls hatten wir schon am Terminal eine super gute Stimmung innerhalb der Gruppe, die sich auch von Niederschlägen, von denen ich gleich berichten werde, nie hat beeinflussen lassen.

Schon nach der Landung, in der wahrscheinlich nie ruhenden Hauptstadt Damaskus, zu später Stund, suchten wir uns den wohl besten Taxifahrer, den wir hätten finden können. Freundlich und weniger zielorientiert begann er eine nächtliche Stadtrundfahrt. Wir wurden mit einheimischen Köstlichkeiten versorgt und bekamen die herrlichsten Seiten von Damaskus zu Gesicht. 
Die ersten zwei Nächte schliefen wir in einem recht gemütlichen Hostel, in dem wir, bis zu einem gewissen Punkt, sehr viel Spaß hatten. Der gesundheitliche Wendepunkt eines Reiseteilnehmers war in der zweiten Nacht erreicht. Während eines kurzen körperbetonten Handgemenges zwischen Maik und mir, verletze ich mich so arg am Knie, das wir kurzer Hand ein Mietauto nehmen mussten. 
Kurz darauf fand ich mich in einer wunderschönen Umgebung wieder. In mitten der Wüste erlebten wir nicht nur einzigartige Momente, bestimmt durch faszinierende Ausblicke und sehr offenherzige und liebvolle Menschen, sondern auch durch die Anwesenheit von Maik und Alex. 

Nach Windstürmen und Grenzschützern, welche uns in gleichem Maße um unseren wertvollen Schlaf brachten und uns die Nacht zum Tage machten, war ich wirklich teilweise heilfroh, die Beiden an meiner Seite gehabt zu haben. Andernfalls hätte ich in der einen oder anderen Situation mit Sicherheit die Nerven verloren. Spätestens an der Stelle, als wir eines Nachts mit einer Waffe bedroht wurden und uns aufgrund des Kameraverlustes, einen Tag in der unwirklichen Umgebung eines syrischen Polizeireviers verbrachten. An der Stelle möchte ich dann einfach noch mal „Danke“ sagen für die 3 Wochen mit euch!

Mit Sand in den Schuhen und die trockenen Winde im Rücken, führte uns der Weg an Wüstenschlössern und Ausgrabungsstätten vorbei. Bis wir schließlich die klapprige Kiste, namens Auto, in Damaskus gegen einen neueren Mietwagen tauschten. Nicht zuletzt, weil wir in den letzten Tagen etwas beunruhigt dieses alarmrote „STOP“ im Display des Autos erblickten und deshalb einige unfreiwillige Pausen einlegen mussten. Auch verbesserte sich der Zustand meines Knies nicht wesentlich. 

Nun machten wir uns auf den Weg den Küstenstreifen zu erkunden. Und wie wir ihn erkundeten! 
Nach schier endloser Suche, haben wir einen wunderschönen Schlafplatz hinter einer kleineren Bergkuppe gefunden. Während eines kurzen Kloganges ertönt plötzlich ein Schuss und lässt mich für kurze Zeit zusammen zucken und zittern. Denn neben mir schlug irgendetwas in den Boden ein. Anfänglich dachte ich, auf mich wurde geschossen, mein Verdacht erhärtete sich, als 3 bewaffnete junge Männer auf uns zukamen. Jedoch war dies nur eine Gruppe von Vogelschießern. Eine der beliebten Volkssportsarten und eine Möglichkeit des Zeitvertreibs. Und was neben mir zu Boden fiel, war nur die Hülse der Schrotkugeln. Mit einem kleinen aber feinen Lagerfeuer verabschiedeten wir uns dann in die Nacht. So dachten wir jedenfalls. Scheinbar hatte sich unsere Anwesenheit schnell im Dorf herum gesprochen und wir bekamen Besuch von einigen jungen Männern. Von der ersten Minute an war die Stimmung zwischen uns ausgelassen. Nicht zuletzt durch die Unmenge an Witzen die wir dieses nachts von Kinan zu hören bekamen. 
Der Einladung Shaddy’s zu dem Haus seiner Familie folgten wir einige Tage später und verbrachten kulinarische, trinkreiche und lustige Abende. An dieser Stelle schicke ich die wärmsten Grüße an all die netten Menschen, die uns das Feiern a la Syrien zeigten. 

Die Koffer gepackt voller überwältigender Eindrücke, mit der Gewissheit jederzeit wieder herzlich willkommen zu sein und natürlich voller dreckiger Wäsche, verließen wir doch etwas wehmütig dieses wundervolle und bezaubernde Land. Gerne und jeder Zeit bereit zurückzukehren, blicke ich zurück auf gewachsene Freundschaft zu Maik und Alex; auf Bilder, die Leider nur noch in unserem Gedächtnis existieren und höchstwahrscheinlich einzigartige Momente.

Bevor ich es vergesse: „Amen, Father Basan!“

Ronny, Syrien 2010 

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Es ist mittlerweile 7 Monate her, dass ich mich mit meinen 2 besten Freunden auf den Weg in ein Land machte, dass nicht unbedingt den Titel einer gewöhnlichen Urlaubsdestination verdient. Und obwohl ich noch oft an diese 3 einzigartigen Wochen gedacht habe, bekommt diese Reise momentan einen leider sehr aktuellen Bezug. Große Teile der islamischen Welt befinden sich in Aufruhr und Umbruchstimmung, darunter auch Syrien, unser Gastgeberland im September 2010. Und obwohl die Berichterstattung eine deutliche Sprache spricht und jeder halbwegs intelligente Mensch den angewandten Maßnahmen gegen das syrische Volk mit Verachtung begegnen sollte, erkenne ich in den Medien nicht die Stimmung wieder, die ich während unseres Besuches erlebt habe. Doch welche Stimmung haben wir erlebt? Und was haben wir überhaupt erlebt? Nur so viel: EINE MENGE!!!
Der Großteil davon ist bereits weiter oben detailgetreu und ausführlich beschrieben! Also warum werde ich seit Monaten von Maik dazu gedrängt, meine Erinnerungen zu Papier zu bringen? Wahrscheinlich, um Euch auch mal durch meine Augen schauen zu lassen, damit Ihr seht, was ich gesehen habe: EINE MENGE!!!

Da, wie erwähnt, meine Bedenkzeit jenseits von Gut und Böse liegt und der Zahn der Zeit auch an meinen Erinnerungen nagt, erhebe ich keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Ich kann noch nicht mal für eine chronologisch exakte Reihenfolge der Geschehnisse garantieren, dafür ist es längst zu spät. Aber gewisse Sachen werde ich nie vergessen…

Denke ich an Syrien, sehe ich sofort Sand vor mir. Viel Sand, verdammt viel Sand. Genug Sand für eine Wüste. Und inmitten dieser Wüste stehen Felsen, Berge, Steine. Und eine lange Straße führt hindurch, ebenfalls bedeckt mit Sand. Diese Umgebung sollte uns für den Großteil unserer Reise begleiten. Und trotz Monotonie wurde es nie langweilig. Wahrscheinlich habe ich das meinen zwei Begleitern zu verdanken, die keine Kosten und Mühen scheuten, denen keine Isomatte zu teuer und kein Auto zu alt, keine Straßensperre zu hoch und kein Waldstück zu gefährlich war. Als ob mir unser Zeltplatz am Rande einer ca. 70m hohen Klippe während unserer ersten Nacht außerhalb von Damaskus nicht schon genug Bauchschmerzen bereitet hätte, sorgte ein ordentlicher Wüstensturm dafür, sie in regelrechte Bauchkrämpfe zu verwandeln. Selbst eine Opfergabe in Form von Maiks Isomatte schaffte keine Abhilfe, sodass Ronny und ich in den Genuss des Hotel Peugeot 407 kamen (unser Mietwagen) und Maik die Nacht unter dem Sternenhimmel verbracht hat und gleichzeitig unfreiwillig „Frische Luft beim Schlafen“ neu definiert hat. Na dann Gute Nacht.

Aber wie es halt so ist, es war nicht alles schlecht. Im Gegenteil. Obwohl mein Vorrat an Lebensmitteln daheim sicher nicht repräsentativ für den Durchschnitt ist, nehme ich mir doch das Recht heraus, einzuschätzen, was man so im Haus haben sollte. Dass aber eine einzelne syrische Familie in der Lage ist, drei ausgehungerte und mit gesundem Appetit ausgestatte junge Männer über Tage - ohne Rücksicht auf etwaige Hunger- oder Völlegefühle wohlgemerkt - mit den leckersten Sachen zu versorgen, muss mit einem Lottogewinn gleichzusetzen sein. Und da diese Familie gleichzeitig den Begriff Gastfreundschaft um Dimensionen erweitert hat, möchte ich ihnen an dieser Stelle auch nochmal meinen herzlichsten Dank aussprechen. Danke für ALLES und auf ein baldiges Wiedersehen!!!

Keinen Dank verdient hat Muriel Brunswig-Ibrahim, deren Reise Know How Reiseführer uns in manche Sackgasse gelotst und einige Verwirrung gestiftet hat. Wie gesagt, ich habe viel vergessen. Aber das nicht!
Trotzdem sind wir nie vom Weg abgekommen, haben eine Menge erlebt, obwohl es fast keine Ziele gab und können heute noch über Father Basan, das Sprachentalent, Et Cetera, das zweite Sprachentalent, der auch durchaus das Zeug zum Comedian hätte, den Käser, der sich Chancen auf Gold ausrechnen sollte, sobald Armdrücken als olympische Disziplin anerkannt wird, und Ahmed, unseren ersten Vermieter, der (un)ermüdlich nur das Beste für uns und seine Kasse wollte, lachen!

Wie gesagt, findet sich hier nicht alles Erlebte wieder. Eine Menge fänden wahrscheinlich nur wir 3 lustig und ein paar Sachen lassen sich im Gespräch einfach besser wiedergeben. Aber dennoch hoffe ich, dass der ein oder andere nun auch meine Sicht der Dinge über eine islamische Diktatur und sein unterdrücktes Volk kennt. Überflüssig zu erwähnen, dass ich meinen Begleitern für diese einzigartige Reise von ganzem Herzen danke. Und auch alle Anderen, die in irgendeiner Art und Weise an diesem Abenteuer beteiligt waren, sollten sich jetzt angesprochen fühlen: DANKE!!!

Alex