kleiner Hinweis: Ihr könnt die Karte durch die Überschriften, sowie den Text durch die Markierungen auf der Karte steuern.

März 2022 Ägypten

1000 km quer durch Ägypten

Linda, Maik

1 Kairo - Schatztruhe voller Altertümer

Wir sind also wieder unterwegs, aus dem kühlen Deutschland zieht es uns in die Wärme - dieses Mal ins Land der Pharaonen.

Von Berlin über Wien sind wir in Kairo gelandet. Die Reise war unkompliziert. Das erste kleine Abenteuer: die Fahrt mit dem Linienbus rein in die 22,5 Millionen Einwohner-Stadt.

Nachdem wir erst kein Hotelzimmer durch „eine Überbuchung“ hatten und drei Seitenstraßen weiter geführt wurden, bezogen wir nach viel cholerischer Diskussion (Maiks Part), spät abends ein hübsches Zimmer in Downtown.

Am Morgen liefen wir ins arabische Viertel, besuchten eine alte verlassene Moschee und bestiegen ein Minarett um uns einen ersten Überblick zu verschaffen.

Anschließend schlenderten wir durch den einzig angelegten Park - wahrlich eine grüne Oase in all dem Getose Kairos. Überall wohin man geht und wo man steht scheint man Menschen im Weg zu sein. Tausende, wild hupende Autos und Mopeds drängeln sich dicht an dicht durch die Riesenstadt und nehmen kaum Rücksicht auf Fußgänger*innen oder Ampelschaltungen. Zum Überqueren der Straße läuft man einfach los und versucht sich seine Angst nicht anmerken zu lassen. Angekommen auf der anderen Seite, ist man jedes Mal ein bisschen froh überlebt zu haben.

Am Abend besuchen wir den größten Souk Kairos und treffen hier auf viele Menschen, reges Treiben und Geschäftstüchtigkeit. Hier und da bekommen wir ein „Welcome to Kairo“.

Unseren zweiten Tag in Kairo verbrachten wir auf Koptischen Spuren. Um dort hin zu kommen, nutzen wir die U-Bahn. Kurzum: Maik fand sich um Frauenabteil wieder, denn Männer und Frauen fahren getrennt. Von pikierten Blicken bis mitleidiges Schmunzeln - alles war dabei. Wir besuchten also einen christlich-orthodoxen Komplex mit mehreren Kirchen und konnten einer Messe beiwohnen, uns von Weihrauch einräuchern lassen und dem Gesang der Männer lauschen.

Zwei Ecken weiter fanden wir uns fernab jeglichem Tourismus wieder auf staubigen, vermüllten Straßen mit Marktständen. Kinder waren auf dem Schulweg, Hunde und Katzen sonnten sich oder fraßen aus Abfallbergen, überall erstaunte Blicke auch nach vielen Jahren Tourismus in Ägypten. Als kleinen Mittagssnack hatten wir schon den Tag zuvor eine Art Pizza entdeckt, die wir neben einem gelangweilt dreinschauenden Vorschulkind zu uns nahmen. Nach einer kurzen Auszeit im Hotel wollten wir abends essen gehen und fanden zufällig das scheinbar beliebteste Streetfood der Ägypter - Koshery: Nudeln, Reis, Bohnen, Kichererbsen, geröstete Zwiebeln wahlweise mit Tomatensoße und Knoblauch-Limetten-Gebräu.

Nun hatten wir also noch eine halben Tag Kairo und kehrten zurück zum Basar Chan el-Chalili - dem bekanntesten Souk, den wir zuvor nur am Abend sahen und erkundeten nun die besonders schönen Ecken mit Gewürzen und Eisenwaren. Außerdem besuchten wir einen Komplex aus Moschee, Mausoleum und Koranschule. Die bemalten Decken, verziert mit Blattgold begeisterten uns besonders - selten haben wir so etwas schönes gesehen. Wie riesige arabische Teppiche mit filigranen Mustern auf denen es soviel zu entdecken gibt.

Am Mittag fuhren wir mit Ibrahim, der trotz des Verkehrs ganz entspannt wirkte,nach Gizeh. Dort waren die Straßen voll mit Pferden, Kutschen und Dromedaren, sowie den dazu gehörigen Menschen die uns bereits nach kurzer Zeit schon mächtig auf den Geist gingen. Aufdringliche Angebote für Kamelreiten, Taxis und ständiges Feilschen begleitete unsere Zeit hier. In Ägypten scheint kein Preis fest und jedes Wort eine Diskussion wert. Es erinnerte uns ein bisschen an Petra in Jordanien und die Clanstruktur der Beduinen. Gizeh schien wie eine arme,verdreckte Vorstadt in der zufällig Pyramiden stehen - genau so viel können die Einwohner mit dem Weltwunder anfangen.

Abends saßen wir auf einer Dachterrasse, aßen Tahjin, tranken Tee und rauchten Shishas. In der Ferne an den Pyramiden lief „Lights&Sounds“ - eine der wohl schlechtesten und verstaubtesten Lichtshow unserer Zeit.

Aber die Pyramiden waren ja das Ziel dieses Ausflugs. Wir kauften also zwei Tickets,verbunden mit Diskussion weil Maik ein spezielles Ticket für sein Stativ kaufen sollte, aber endlich sahen wir die weltberühmten Pyramiden. Eindrucksvoll was Menschen geschaffen haben - ringsum fühlt man nicht mehr viel von Hochkultur, denn Gizeh verlangte uns wieder einiges an Diskussionsgeschick (cholerische Reaktion Maik) ab. Unser Hotel stimmte zu 50% mit dem abgebildeten Booking.com-Hotel überein. Erst wurde uns ein Zimmer im Hinterhof, dann eins ganz ohne Fenster und schließlich ein Passendes mit unserer eigenen Haus-Kakerlake gezeigt. Unser „included breakfast“ zu erhalten - ebenfalls ein Kampf.

Wenig später saßen wir nach viel Durchfragen und ein bisschen Aufregung schließlich endlich in einem Local-Zug nach Luxor.

02 Luxor – Hauptstadt der Pharaonen

Wir fuhren also Zug - 8,50 € pro Person für 670 km von Kairo nach Luxor. Ein Erlebnis, nicht nur für uns, auch alle Mitreisenden scheinen hoch interessiert an uns zu sein. Fragende Blicke, kleine Gespräche entstehen und vorn im Abteil singt eine Gruppe Männer um sich die Zeit zu vertreiben, spielen Tamburin. Wir bekommen seit langem Bananen und etwas malzig Süßes geschenkt. In Abständen schmeißt uns ein Händler seine Waren auf den Schoß, von Schokolade über kleine Übungshefte für Kinder, dankend winken wir ab. Nun fahren wir tatsächlich den Nil entlang und halten in kleineren Städten, am Ende sind wir neun Stunden unterwegs. Nahe des Flusses wirkt das Land unfassbar grün, wir sehen Bauern mit Eseln aber auch mehr Armut als wir im Urlaubsland Ägypten je vermutet hatten.

Angekommen in Luxor, mit zwei Stunden Verspätung, suchen wir unser Hotel. Die Stadt, welche früher Theben hieß und das Zentrum des Alten Ägyptens war, schließen wir schnell ins Herz. Sie wirkt modern, alles ist ein bisschen aufgeräumter als in Kairo und es ist deutlich weniger Verkehr.

Wir haben das Hotel auf der Westseite des Nils, fahren also täglich Fähre, gehen viel zu Fuß - es scheint ungewohnt für die Einheimischen, dass wir nicht zu den großen Reisegruppen gehören.

Wir besuchen Tempel, Gräber der Pharaonen und ihrer Erbauer, sind begeistert von Hieroglyphen und Zeichnungen, die weit über 3000 Jahre alt sind.

Menschen, vor allem junge Frauen, schauen uns interessiert an und bitten um Fotos. Und natürlich sitzen wir hier in Kaffeehäusern, schauen interessiert dem Leben zu und besuchen die Souks. Zu Maiks Highlights gehört sicherlich, dass Linda einen Schal für mehr Geld kaufte, als er am Vortag, im selben Laden, angeboten wurde und trotzdem das Gefühl hatte gut gefeilscht zu haben.

Freitagmittag sitzen wir vor der Moschee am Bahnhof und sind auf einmal mitten in den Betenden, die sich nun auch aus Platzgründen neben uns knien.

Wir fuhren bisher mit knapp 10 verschiedenen Verkehrsmitteln unter anderem Booten, TukTuk und Linda lenkte eine Kutsche sicher durch die Straßen Luxors - Yalla Cindarella!

163 mal am Tag wurde uns ein Boot, Auto, Kamel, Pferd, Taxi angeboten. Scheinbar jeder, der mit Touristen zu tun hatte, wollte uns so über den Tisch ziehen, dass wir die Reibung als Nestwärme empfanden.

Aber es ging auch anders:

Wir liehen uns Räder oder liefen durchs Hinterland, schon zwei Straßen fernab der Touri-Ecken erlebten wir am Nil ein Ägypten wie wir es uns vorgestellt hatten. Feldarbeiter*innen winkten von weitem bei der Ernte, Kinder spielten Fußball und freuten sich uns zu sehen, hier und da eine Einladung für Tee, einfach aus tiefster Gastfreundschaft und Herzlichkeit.

Unsere Pläne ändern sich, statt für die Touristenhochburg Hurghada entscheiden wir uns dem Nil zu folgen und mit dem Zug weiter nach Assuan zu fahren.

03 Assuan - ein bisschen Asien am Ufer des Nil

Die Stadt im Süden überrascht uns mit schöner Natur. Ein sauberer Nil mit vielen kleinen Inseln aus Granit, überall sind Graureiher und Mohrhühner zuhause. Am Westufer beginnt die Sahara, mit Gräbern wie kleine Moscheen und einem bekannten Kloster. Am Ostufer erstreckt sich das Zentrum und die Uferpromenade mit all den Kreuzfahrtschiffen, die uns immer wieder entlang des Flusses begegneten.

Und mitten im Nil liegt Elefantine, die Insel auf der wir unterkamen und gar nicht mehr wussten, ob wir uns in Afrika oder Asien befanden. Die kleine Insel war grün, mit vielen Palmen, Feldern und kleinen, ärmlichen Häusern welche die Nubier bewohnten. Eine kleine Volksgruppe, die in Südägypten und dem Nordsudan beheimatet ist. Wir genossen die Ruhe in mitten des Grünen, denn man bewegte sich lediglich zu Fuß und setzte mit einer Fähre über.

Nun ließen wir uns treiben, besuchten den langen Souk, den bekannten Unvollendeten Obelisken und einen botanischen Garten. Natürlich aßen wir Koshary und viel zu große Portionen Hühnchen mit Reis. Mit ein wenig Verhandlungsgeschick hatten wir auch recht schnell einen normalen Kaffeepreis, für unseren geliebten arabischen Mocca.

Jeden Abend rauchten wir Shisha und blickten auf das Wasser. Nach zwei Tagen kannten uns alle, wir wurden begrüßt und hatten unsere kleine Stammkneipe und dasselbe Café. Freitag zog es uns zur Moschee, wir bekamen polizeilich, sehr freundlich, einen Platz auf der Verkehrsinsel gegenüber zugewiesen und wurden wieder in nette und interessierte Gespräche der Betenden verwickelt.

An einem Abend sahen wir ein großes Feuer auf einer der Inseln, es wirkte nah, aber alle um uns herum hatten nur ein typisch ägyptisches Schulterzucken dafür übrig. Größere Brände scheinen also normal zu sein.

Wir konnten uns kaum satt sehen, an all den Pflanzen und der Schönheit der Natur. Assuan gab uns die Möglichkeit auszuspannen, anzukommen und durchzuatmen. Ägypten strengte uns auch an. Das viele Feilschen und das ständige Überangebot an Dienstleistungen wie Taxifahren und Bootstouren. Die Menschen schienen nicht zu begreifen, dass wir das alles gar nicht wollten, sondern lieber für uns unterwegs waren. Aber vielleicht wussten sie auch nicht umzugehen mit Individualreisenden, denn oft werden Einheimische und Touristen streng getrennt.

Und wie immer wenn ein Urlaub zu Ende geht ist da dieses Gefühl, noch bleiben zu wollen, noch mehr zu entdecken und auch ein bisschen Vorfreude auf die gewohnte Struktur, die Freunde und Familie - das Nachhausekommen.

Wir behalten Ägypten in guter Erinnerung, mit viel Potenzial, viel Geschichte aber auch vielen Problemen, mit denen die Bevölkerung zu kämpfen hat. Denn niemand bittet gern um Bakshish (Trinkgeld bzw. Bettelgeld) oder drängt sich mit seinen Dienstleistungen auf. Der Großteil der Menschen scheint mit wenig Perspektive und verarmt. Wir steigen also wieder ins Flugzeug, von Assuan nach Cairo, von Cairo nach Dresden. Setzen nach 15 Tagen das erste Mal wieder eine Maske auf und nehmen viele schöne Erfahrungen und Erinnerungen mit.